Wir im Gespräch mit Reinhard Arocker, Winzer und Obmann des Weinbauvereins Maissau, über den Grünen Veltliner als Klimawandelsorgenkind.
Wer? Winzer Reinhard Arocker
Was? Der Grüne Veltliner
Wo? Maissau
Herr Arocker, Sie sind Weinviertler Winzer, und Ihre Weingärten liegen an den Südosthängen des Manhartsberges. An und für sich ein guter Boden für den typischen Grünen Veltliner. Oder war das einmal?Wir verfügen immer noch über einen idealen Boden! Der Grüne Veltliner ist das Aushängeschild des österreichischen Weinbaues. Weltweit wird Österreich in der Weinbranche mit Grüner Veltliner assoziiert. Ein Drittel der österreichischen Rebfläche ist mit dieser Sorte bepflanzt – bei uns im Weinviertel sogar die Hälfte. Der Grund dafür liegt im gemäßigten Klima und der Bodenstruktur, welche hier optimal für den Grünen Veltliner vorhanden ist, um pfeffrige, würzige und frische Weine wachsen zu lassen. Eine Tatsache, die sich nicht verändert hat.
Müssen sich Liebhaber des flüssigen Weinviertler Aushängeschildes aufgrund der übermäßigen Trockenheit und Hitze Sorgen um die Qualität des Weines machen? Wird der Grüne Veltliner ein Opfer des Klimawandels und vielleicht sogar aussterben?
Das Problem entsteht durch verschiedene Faktoren, die momentan zusammenspielen. Die Niederschlagsmenge ist in den letzten Jahren zurückgegangen, und die durchschnittlichen Temperaturen sind angestiegen. Durch die oft tropische Hitze, besonders in den Sommermonaten, entsteht eine höhere Wasserverdunstung, wodurch die zur Verfügung stehende Wassermenge für die Rebe nochmals reduziert wird. Weiters treten ebenfalls im Sommer die Niederschläge oftmals als Starkregen auf, was zu einer vermehrten Bodenerosion sowie zu Abschwemmungen führt. Dadurch ist das Wasser für die Weinrebe schwerer erreichbar. Die klimawandelbedingten Auswirkungen sind nur sehr schwer und vor allem nur global zu ändern. Jeder Einzelne kann seinen kleinen Beitrag dazu leisten, damit wir unseren Grünen Veltliner auch noch in einigen Jahrzehnten so wie wir ihn kennen genießen können!
Wir Weinviertler Winzer werden unser Möglichstes versuchen, um den Grünen Veltliner und dessen Kultivierung an die veränderten Bedingungen anzupassen.
Zu welchen Mitteln und Lösungen im Weinbau greifen Sie, um dem Klimawandel zu trotzen?
Die Weinrebe hat ja den großen Vorteil, dass sie Wurzeln entwickelt, welche bis 10 Meter tief in den Boden ragen können und eine sehr hohe Saugkraft besitzen. Das verleiht ihr ein gutes Durchhaltevermögen in Trockenzeiten. Aber irgendwann muss eine Wasserzufuhr kommen! Wo es möglich ist und entsprechende Wasservorräte vorhanden sind, etwa entlang von Flüssen oder aus Brunnen, ist eine wassersparende Tröpfchenbewässerung der Weingärten sinnvoll.
In den Weingärten kann die Beschattung der Trauben durch die eigenen Laubblätter, welche nur gezielt entfernt werden, vor zu großer Sonnenbestrahlung schützen. Ebenso ist bei Neuanlagen die Ausrichtung der Rebzeilen zu beachten, damit die Sonneneinstrahlung in den heißen Sommerstunden eher indirekt erfolgt.
Man kann auch – falls vorhanden – höher liegende Weinlagen nutzen.
Ebenfalls essentiell ist die Bearbeitung bzw. das Offenhalten der Fahrgassen in den Weingärten, damit keine Konkurrenz in der Wassernutzung durch zu hohen Bewuchs mit Begrünungspflanzen entsteht.
Für mich erscheint die Verwendung von später reifenden Unterlagsreben und das Herausselektionieren von später reifenden Klonen des Grünen Veltliners als besonders effektiv.
Die Weinlese wurde in den letzten Jahren um einige Wochen früher als üblich gestartet. Hat dieser Faktor Einfluss auf die Qualität des Weines – speziell des Grünen Veltliners?
In meinen Jahren als junger Winzer war es noch selbstverständlich, am Nationalfeiertag, also dem 26. Oktober, mit der Weinlese beschäftigt zu sein. Heute ist die Weinlese, dabei spreche ich von der Hauptlese, meist Anfang Oktober abgeschlossen.
Früher hat man die Lese solange hinausgezögert, wie es witterungsbedingt möglich war, um eine gute Lesegradation, also genügend Zucker in den Beeren, zu erreichen. Heute muss der Lesezeitpunkt durch regelmäßiges Messen der Zuckerkonzentration und des Säuregehaltes in den Beeren entschieden werden. Wenn der Zuckergehalt zu hoch ist, entsteht zuviel Alkohol – bei zu geringem Säuregehalt erhält der Wein nicht die nötige Frische, Fruchtigkeit und das feine Säurespiel.
Sollten sich die Weinviertler Winzer darauf einstellen, in Zukunft Olivenbäume oder andere mediterrane Pflanzen zu pflanzen?
Also wir versuchen seit einigen Jahren unsere Terrasse mit Olivenbäumchen zu verschönern und haben diese jeweils nicht länger als 2 Jahre durchgebracht. Ich denke, wir sollten doch noch einige Zeit auf unseren guten, frischen, pfeffrigen und fruchtigen Grünen Veltliner aus dem Weinviertel setzen.
Welchen Grünen Veltliner trinken Sie selbst am liebsten?
Ein „Weinviertel DAC“ hält immer, was er verspricht!
Den kann man zu jeder Gelegenheit und zu fast allen Speisen genießen, und doch hat er von jedem Betrieb seine Eigenheiten und Feinheiten. So wie der „Zirkon Grüner Veltliner Weinviertel DAC“ von meinem Weinhof Arocker in Maissau.